Feueralarm

Was ich schreibe, sind meistens kleine Geschichten des Alltags, oder Eindrücke. Persönlich ist es trotzdem. Weil die Verfassung, in der sich der Schreiber befindet, praktisch immer durchdrückt. Man kann sich also nicht raushalten. Aber wieso sollte man auch.
Steuern lässt sich aber etwas anders. Was stellt man in den Mittelpunkt? Und was bleibt eher am Rand? Und was lässt man ganz weg?cIch denke, das ist mir bisher ganz gut gelungen über das zu schreiben, was wichtig ist. Wenn zu viel auf einmal passiert und ich den Kopf zu voll habe, versiegt die Schreibquelle. Und es tröpfelt nur müde dahin und das Resultat ist dementsprechend. Das muss man in Kauf nehmen und konsequent sein, was heisst, den Text dem Papierkorb übergeben. Bis ich jeweils den Faden nach einer Schreibblockade wieder aufgenommen habe, dauert es eine gewisse Zeit. Und während dieser Zeit wächst mein schlechtes Gewissen weiter. Ein Teufelskreis, weil Druck nie schreibfördernd wirkt.. Aber jetzt scheint die Durststrecke überwunden zu sein.

Es ist Frühling, und manchmal fast sommerlich warm. Zudem hat sich mein Wohnbereich wieder vergrössert. Die Balkontüren stehen offen. Und der Unterschied zwischen drinnen und draussen verschwindet. Und das Leben wird etwas einfacher, Nicht immer. Aber ganz sicher dann, wenn man draussen sitzt.

Der letzte Samstag begann damit, dass ich, noch nicht ganz wach, die Kaffeekanne und die Pfanne mit Milch vertauschte. Was ich aber erst bemerkte, als ich, nachdem ich wie gewohnt darauf gewartet habe, dass es anfängt nach Kaffee zu riechen, und stattdessen feststellen musste, dass die Milch schon Bekanntschaft gemacht hatte mit der heissen Herdplatte. Ich versuchte, so gut es eben ging und möglichst ohne mir dabei die Finger zu verbrennen, den grössten Teil der Sauerei aufzuwischen. Da tippte mir jemand auf die rechte Schulter. Es war nicht der Geist meines verstorbenen Grossvaters, sondern die Hauswartsfrau, Erschrocken bin ich auf jeden Fall. Und da machte es klick. Der Brandmelder hat gepetzt!
Kann man dem jetzt nicht mal mehr in aller Ruhe die Milch überkochen lassen? Anscheinend nicht. Dabei ist man doch schon genug gestraft mit einer stinkenden Wohnung und einer Herdplatte, die einen mindestens einen halben Tag auf Trab hält und extra viel Zuwendung fordert.

Ich fühlte mich furchtbar. Vor allem, weil der Alarm weder sicht- noch spürbar war und mir deshalb gnadenlos vor Augen führte, dass ich wirklich keinen Pieps mehr höre.
Nicht, dass ich das nicht weiss. Und wie ich das weiss. Aber es ist nicht nötig, sich diesen Umstand 24 Stunden am Tag vor Augen zu halten. Und schon gar nicht, wenn man gerade die Hälfte des Morgenmilchkaffee u.a. in Rauch aufgegangen ist.

In solchen Momenten hilft entweder ein Kaffee in der Cafeteria, oder aber ich setze mich auf den Balkon und schaue dem Grünzeug beim Wachsen uns Blühen zu. Sogar dort, wo ich vor noch gar nicht langer Zeit etwas gesät habe, spriesst es. Allerdings schafft es mein ungeübtes Auge nicht, Unkraut von Blumen - in die Fall Vergiss-mein-nicht und lila Kornblumen - zu unterscheiden. Zumal letzten Herbst das Unkraut tüchtig abgesamt hat, und die Säcke mit Garten- und Zimmerpflanzenerde offen da standen. Und so ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass da verschiedene Samen überwintert haben und jetzt aufwachen.
Was die kalten Monate ebenfalls überstanden hat, sind - sehr zu meinem Erstaunen - die COOP-Wildblumen. Eine hat sich letztes Jahr zwar ausgebreitet, aber nicht geblüht. Inzwischen hat sie aufgehört in die Breite zu wachsen, und reckt sich der Sonne entgegen. Ob man das als vielversprechend deuten kann?

Anderes, was in der Wohnung überwntert hat, sollte jetzt zeigen, was es wirklich ist. Aber vorerst bin ich zufrieden, wenn es grün ist, und wächst..
Irgendwo habe ich noch eine etwa fünf Jahre alte Hanfsame in die Erde gesteckt. Ob sie keimt nach so langer Zeit? Falls nicht, wäre es nicht weiter schlimm. Hanf ziehen auf dem Balkon ist inzwischen doch recht uncool. Obwohl mein letzter Versuch schon über zehm Jahre her ist.. Und ich die Pflanzen mag. Nicht zum Ernten und Konsumieren, sondern einfach zum Anschauen. Und hier würde eh niemand solche Pflanzen vermuten.

Als meine Schwester zum letzten Mal zu Besuch war, stutzten wir schweren Herzens das grossväterliche Erbe. Denn Sonnenbrand bleibt Sonnenbrand. Ich fischte das, was die Pflanze hergeben musste, gleich wieder aus dem Mülleimer. Und dann hielten es für die Nachwelt fest. Und als Mahnung.

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„Aller Anfang ist Sonnenbrand“

Frühlingsmüdigkeit

Das Ensemble „Pas de deux“ kommt einfach nicht vom Fleck. Und inzwischen scheint mein Co-Autor verschwunden zu sein. wie vom Erdboden verschluckt. Oder, was realistischer ist, von seiner elektronischen Neuanschaffung derart absorbiert, dass er keine Lust mehr hat zu schreiben. Und so lässt er mich ratlos und leicht irritiert mit dem Satz: *Als er in der Mitte ankam, bot sich ihm ein seltsamer Anblick.“ zurück. Was soll ich denn damit?
Ich könnte mir was ausdenken. Aber die Grenzen meiner Fantasie sind doch enger gesteckt, als mir lieb ist. Oder liegt es daran, dass es grundsätzlich schwierig ist, sich etwas auszudenken, das inmitten eines Leichenberges einen seltsamen Anblick bieten könnte?
Oder man erklärt diese schlicht und einfach abartige Situation als Alptraum. Was aber ehrlich gesagt auf mich als Leserin einen doch ziemlich schwachen Eindruck machen würde Und so bleibt mir nicht anderes übrig als zu warten. Auf Eingebung, oder auch ein Lebenszeichen des Verschollenen, oder gar auf Part 3 der Story.

Obiges ist ein gutes Beispiel dafür, wie es zur Zeit läuft. Nämlich gar nicht. Zumindest, was das Schreiben angeht. Der Kopf ist zu voll, unzählige Fotos (gescannte und ungescannte) wollen gesichtet, ausgewählt und dann präsentiert werden. die Steuererklärung sollte schon seit fast einem Monat freigegeben sein. Auch wenn es noch eine inoffizielle Frist gibt und man sich Zeit lassen kann. Es ist einfach unschön.
Und dann, um das Mass voll zu machen hat mein grossväterliches Erbe Sonnenbrand. Nach nur zwei Tagen an der frischen Luft färbten sich hauptsächlich die neuen Triebe, die den ganzen Winter über wie blöd aus dem Boden schossen und bisher mehr in die Höhe als in die Breite wuchsen, und der Pflanze das Aussehen eines Igels verliehen, hellrostbraun.

Mir wurde übel. Und das einzige Vernünftige, das mir einfiel, war, einen Hilferuf Richtung Basel zu schicken und dem Aufgeben nahe meiner Schwester anzubieten, meinen Erbanteil doch bitte wieder in ihre Obhut zu nehmen. Bevor ich den armen Tropf im Topf endgültig um die Ecke bringe ....
So wie es zurück klang, war die Panik einseitig. Die Information, dass direktes Sonnenlicht in den ersten zwei Wochen zu vermeiden sei, kam allerdings schlicht und einfach zu spät. Mickrige zwei Tage. Und natürlich genau die beiden Tage, an denen es schon fast sommerhaft warm war und die Sonne von morgens früh bis abends schien. Hätte es während dieser Zeit geregnet .. Aber auch „wenn“ und „hätte“ kommen zu spät. Wie üblich.

Mein Grossvater selig wird sich wohl die Haare raufen und resigniert und vielleicht auch etwas irritiert feststellen, dass seine grünen Gene höchst ungleichmässig an seine Nachkommen weiter gegeben wurden.

Ich war nie ehrgeizig, was Pflanzen angeht. Was bei mir wächst, ist eher gewöhnlicher Art und vor allem pflegeleicht. Das wichtigste Kriterium: sie sollten mir gefallen. Und so habe ich auch eine Probleme damit, wenn auf meinem Balkon auch schnödes Unkraut wächst. Zwei. drei Pflanzen, die auf dem kleinen Fleck Wildnis auf der Hinterseite meiner Wohnung am Blumenweg samten ab, und zwar in die Töpfe, die auf dem Fenstersims standen. Statt das, was da spross, einfach auszureissen und wegzuwerfen, wollte ich wissen, was es wird. Und ich habe es nicht bereut. Einfach deshalb, weil es mal etwas anderes ist als knallrote Geranien.
Ud so lasse ich mich auch dieses Jahr wieder überraschen, was der Wind vorbei gebracht hat. Zusätzlich kaufte ich noch Samen. Lila Kornblumen, Vergiss-mein-nicht. Nur schon die Vorstellung ist schön, und wird mir das Warten versüssen.
Und dann haben ein paar der Coop-Wildblumen den Winter erstaunlich gut überstanden. Eine davon wird jetzt, wenn sie hält, was sie verspricht, zum ersten Mal blühen.

Abgesehen vom Schmutz unter den Fingernägeln vom Wühlen in der Erde machen die Überraschungen den Reiz des Gärtnerns aus. Mir geht es jedenfalls so. Und wenn ich wieder einmal einfach dasitze, und den Pflanzen beim Wachsen und Blühen zusehe, kommt mir vielleicht eine Idee, um was es sich bei diesem „seltsamen Anblick in der Mitte* handeln könnte. Das wäre dann eine weitere Überraschung.